KORA-Forum 2019
Das 3. KORA Forum der Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) am 2. Oktober 2019 widmete sich den Phänomenen islamistischer Extremismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit. Das KORA Forum 2019 verbindet die inhaltlichen Schwerpunkte aus den Vorjahren. So beschäftigt es sich mit der wachsenden Dynamik muslimfeindlicher Ideologie in rechten und rechtsextremen Zusammenhängen, die ähnlich dem Dschihadismus eine fortschreitende Internationalisierung erfährt.
Knapp 100 Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, kommunaler Behörden, Schulen, muslimischer Organisationen, Trägern der Wohlfahrt und Sicherheitsbehörden waren zum jährlichen Fachaustausch und Vernetzungstreffen nach Leipzig gekommen und wurden vom Leiter des Geschäftsbereiches, Sebastian Vogel, mit einer Rede begrüßt, die für die Herausforderungen einer zunehmend ideologieübergreifenden Radikalisierung in Teilen unserer Gesellschaft sensibilisierte. Mit Blick auf die Weiterentwicklung der KORA sagte Vogel: „Es sind ganz unterschiedliche Teile unserer Bevölkerung, die sich radikalisieren und sich dabei auch ganz unterschiedlichen Ideologien hinwenden. Es ist wichtig Präventionsstrategien zu fördern, die den Menschen - und nicht Ideologien - in den Mittelpunkt rücken.“
Maik Fielitz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg ging in seinem Vortrag darauf ein, welche Dynamiken zwischen Rechtsextremismus und islamistischem Extremismus bestehen und wie sich diese auf das gesellschaftliche Leben auswirken. Während Rechtsextreme den sozialen Zusammenhalt durch eine identitäre Ausgrenzungspolitik unterminieren, versuchen Islamisten die Ausgrenzungserfahrungen von Muslimen zu einer Unvereinbarkeit von Islam und Demokratie zu radikalisieren. Der Vortrag hat verschiedene Facetten der wechselseitigen Demokratiefeindlichkeit vorgestellt und diskutierte, mit welchen Dilemmata eine demokratische Polarisierung verbunden ist.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping, Sindyan Qasem als Vertreter des Islamischen Zentrums Riesa, Franziska Schreiber, Moderatorin eines Online-Formates zur politischen Bildung sowie der Keynote-Speaker Maik Fielitz teil. Der Titel der Podiumsdiskussion lautete „Polarisierung überwinden. Nur wie?“, denn auch in Sachsen ist die Debatte um gesellschaftliche Polarisierung aktuell. Die Diskussion um Heimat und Zugehörigkeit führt zunehmend zu Ausschlusserfahrungen. Die damit verbundenen negativen Erlebnisse können zur Radikalisierung führen und damit die gesellschaftliche Polarisierung weiter vorantreiben. Solche Ausschlusserfahrungen können herkunfts- und geschlechterübergreifend auftreten. Gerade deshalb ist es wichtig, für einen phänomenübergreifenden Blick zu sensibilisieren. Dazu hat diese Podiumsdiskussion einen wichtigen Beitrag geleistet.
Vier Workshops rundeten das inhaltliche Programm des KORA Forums 2019 ab. Der Workshop „Über Krieg, Terror und Flucht im Klassenzimmer sprechen“ beschäftigte sich mit der Frage, wie eine diverse Schülerschaft über politische oder gesellschaftliche Konflikte, die sie teilweise selbst betreffen, in der Schule sprechen kann, ohne dabei auf menschenfeindliche und verschwörungstheoretische Rhetorik zurückzugreifen. In dem Workshop „‘Die sollen sich integrieren!‘ Barrieren und Chancen für ein solidarisches Miteinander“ analysierten die Teilnehmenden Mechanismen, die ein solidarisches Miteinander behindern oder befördern. Dabei schauten sie beispielhaft den Inhalt einseitiger Integrationsforderungen an und wie diese in einen größeren Kontext diskriminierender Ungleichheitsstrukturen und Machtverhältnisse eingebettet sind, die einer Solidarisierung im Weg stehen. Der Workshop „Muslimische Gemeinden in Sachsen – Brückenbauer in prekärer Lage“ ließ Akteure aus muslimischen Gemeinden in Sachsen zu Wort kommen und über aktuelle Herausforderungen und Möglichkeiten der besseren Zusammenarbeit untereinander und mit der Mehrheitsgesellschaft sprechen. Im Workshop „Regionale und globale Perspektiven auf die Zukunft des islamistischen Extremismus“ diskutierten Expertinnen und Experten mit den Teilnehmenden über aktuelle Trends in der islamistischen Szene und wie diese sich beispielsweise auf Rekrutierungsbemühungen und terroristische Angriffe in Deutschland und Sachsen auswirken könnten.
Die Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping, zeigte sich im Rahmen der Veranstaltung sehr zufrieden mit der Arbeit des Modellvorhabens:
„Die KORA ist eine etablierte und fachlich kompetente Ansprechpartnerin für die Themen islamistischer Extremismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit in Sachsen. Sowohl Fachkräfte als auch engagierte Bürgerinnen und Bürger wenden sich an die KORA, suchen Hilfe und Rat. Dass Themen der KORA eine hohe Relevanz besitzen, zeigt sich auch dadurch, dass seit dem Start der KORA über 100 Fortbildungs- und Sensibilisierungsworkshops umgesetzt wurden, die knapp 900 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Verwaltung, Wohlfahrt, Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft erreicht haben.“
Über KORA:
Die Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) ist ein Vorhaben der Sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration in Kooperation mit dem Sächsischen Staatsminister des Innern und dem Sächsischen Staatsminister der Justiz. Die Beratungsstelle ist angebunden an das Demokratie-Zentrum Sachsen und bietet Prävention und Intervention in den Phänomenbereichen islamistischer Radikalisierung und Islam- und Muslimfeindlichkeit an. Die KORA wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“